Berliner Zeitung - 15.7.2006
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Goldener Notgroschen für Nazi-Führer
Die Geld-Geschäfte des Großvaters von George W. Bush
Andreas Förster
Das vorläufige Ende seiner bis dahin erfolgreichen Karriere als
Investmentbanker bekam Prescott Sheldon Bush am 30. Juli 1942
schwarz auf weiß präsentiert. An diesem Tag erschien auf der
Frontseite der "New York Herald Tribune" ein großer
Artikel über das amerikanische Bankhaus Union Banking
Corporation und dessen Verbindungen nach Hitlerdeutschland.
Mehrere Millionen Dollar hätten hochrangige Vertraute Hitlers
als "secret nest egg", als geheimen Notgroschen, auf
den Konten der am Broadway residierenden Bank versteckt, schrieb
das Blatt. Im Artikel wurde auch Prescott Bush erwähnt - der Großvater
des heutigen US-Präsidenten war seinerzeit einer der
Bankdirektoren und Sprecher des Vorstands.
Die Enthüllung war für Prescott Bush unangenehm, kam aber nicht
überraschend. Bereits wenige Monate zuvor hatte die zuständige
US-Behörde eine Untersuchung gegen die Bush-Bank eingeleitet und
deren Konten unter Berufung auf den "Trading with the Enemy
Act", der den Handel mit Kriegsgegnern und die Verwaltung
von Feindvermögen verbot, gesperrt.
In einer 2003 in den USA erschienenen Biografie über Prescott
Bush heißt es, der Bankier und seine Vorstandskollegen hätten
seinerzeit den Behörden bereitwillig Zugang zu allen Unterlagen
der Bank gewährt. Auch seien die Konten, auf denen 1942 das
deutsches Geld entdeckt wurde, bereits in den dreißiger Jahren
"aus Gefälligkeit" für einen Bankkunden eingerichtet
worden. Von den Nazi-Verbindungen habe niemand im Bankvorstand
etwas gewusst. Bush-Biograf Mickey Hershkovitz kam in seinem Buch
schließlich zu dem Fazit, der Großvater des US-Präsidenten sei
durch die gründliche Untersuchung der Behörden von dem Verdacht
rein gewaschen worden, ein Helfer Hitlers und seiner Verbündeten
gewesen zu sein.
Hershkovitz' Darstellung der Vorgänge um die New Yorker
Bush-Bank, die in der Biografie nur ganze zwei Seiten umfasst,
wird von vielen US-Historikern inzwischen angezweifelt. Denn fast
zeitgleich mit dem Erscheinen der vom Bush-Clan autorisierten
Biografie gab das National Archive bis dato geheim gehaltene
Unterlagen über die Untersuchung gegen die Bank frei. Diese
Dokumente aber zeigen, dass Prescott Bushs geschäftliche
Verquickungen mit Hitler-Förderern und deren Firmen weit enger
waren als es die Präsidentenfamilie, die das Thema bis heute
totschweigt, offiziell wahrhaben will.
Während in den USA in den letzten Jahren einige Bücher und
Artikel zu Prescott Bushs Rolle als Hitlers Helfer erschienen
sind, halten sich die Medien hier zu Lande weitgehend zurück.
Dabei ist die 1942 so jäh gestoppte Bankierskarriere von Großvater
Bush aufs engste verknüpft mit einer der berühmtesten
Unternehmerfamilien Deutschlands - den Thyssens.
Im Jahre 1918, geprägt von den Erfahrungen und finanziellen
Verlusten im Ersten Weltkrieg, gingen die Thyssens dazu über,
die Verwaltung ihres Vermögens selbst in die Hand zu nehmen.
Wenige Monate vor Kriegsende gründeten sie ihre erste eigene
Bank - die "Bank voor Handel en Scheepvaart" in
Rotterdam. Sechs Jahre später folgte das zweite Geldinstitut:
die New Yorker "Union Banking Corporation", deren Gründung
der Thyssen-Konzern und seine Rotterdamer Bank finanzierten.
Ausgehandelt hatten den Deal Fritz Thyssen und W. Averill
Harriman, Sohn eines US-Eisenbahnmagnaten, bereits 1922 in
Berlin. Offiziell tauchten die Deutschen zwar nicht als Eigentümer
der New Yorker Investmentbank auf; spätere Untersuchungen der
US-Behörden förderten aber zu Tage, dass der Hauptaktionär
Harriman und die anderen Miteigentümer der Bank - darunter auch
Prescott Bush - nur als Strohmänner für die Thyssens und deren
Rotterdamer Bank agierten.
Komplettiert wurde der internationale Bankenverbund des
rheinischen Industriellenclans schließlich 1927 durch den Kauf
der bankrotten Berliner "Von der Heydt's-Bank", die im
November 1930 in "August-Thyssen-Bank" umbenannt wurde.
Mit den Banken in Berlin, Rotterdam und New York hatte sich die
Thyssen-Familie nun einen eigenen Finanzkanal geschaffen, durch
den sie weitgehend unkontrolliert ihr Vermögen schleusen konnte.
Gelingen konnte dies aber nur, weil die Thyssens sich frühzeitig
den kommenden Machthabern in Deutschland angedient hatten. Und
das nicht etwa klammheimlich: Sowohl Fritz Thyssen als auch sein
Bruder Heinrich, die nach dem Tod von Vater August Thyssen 1926
in fein austarierter Arbeitsteilung die Führung des Konzerns übernahmen,
hatten seit Mitte der zwanziger Jahre aus ihrer Begeisterung für
Hitler und ihrer - auch finanziellen - Unterstützung der NSDAP
nie einen Hehl gemacht. Mit großzügigen Geldspenden unterstützten
beide die faschistische Bewegung und erkauften sich so die
Protektion von Joseph Goebbels, Hermann Göring und anderen
Nazigrößen. Die hielten ihre schützenden Hände auch über den
Thyssen-Konzern, als Fritz Thyssen 1939 vom
nationalsozialistischen Glauben abfiel und sich ins Ausland
absetzte. Sein Bruder, der inzwischen in der Schweiz lebende
Heinrich Thyssen, behielt mit dem Segen Görings die Verfügungsgewalt
über die deutschen Konzernteile. Er durfte sogar die Anteile
seines Bruders an der "August-Thyssen-Bank" kaufen, so
dass der Geldkanal Berlin-Rotterdam-New York fest in Thyssen-Hand
blieb.
Prescott Bush und seine Vorstandskollegen in der New Yorker Union
Bank konnte also kaum verborgen geblieben sein, dass sie mit den
Thyssens engagierte Nazi-Anhänger und Förderer der NSDAP ins
Geschäft geholt hatten. Hinweise darauf, dass Bush selbst ein
Sympathisant der Nazis war, gibt es zwar nicht. Viel mehr spricht
dafür, dass er und seine Vorstandskollegen mögliche moralische
Bedenken den finanziellen Vorteilen opferten, die die Geschäfte
mit den Deutschen der Bank und dem eigenen Portefeuille
bescherten.
Prescott Bush war mit Hilfe seines Schwiegervaters, George
Herbert Walker, 1924 ins Bankgeschäft eingestiegen. Walker hatte
seinen Schwiegersohn mit Averill Harriman zusammengebracht, der
mit Fritz Thyssen die Gründung der Union Banking Corporation
ausgetüftelt hatte. Bush war Mitgründer der Bank und hielt
anfangs einen offiziellen Aktienanteil an dem Unternehmen in Höhe
von 125 Dollar. In den folgenden Jahren wurde Prescott noch
Direktor und Anteilseigner mehrerer weiterer ausländischer
Firmen, die allesamt mit dem Thyssen-Konzern verflochten waren.
In den späten dreißiger Jahren war die Union Banking
Corporation zu einer der weltgrößten Investmentbanken
aufgestiegen. Für ihre deutschen Kunden wickelte die Bank Geschäfte
im Umfang von mehreren Millionen Dollar ab. Es waren ganz legale
Geschäfte mit Gold, Rohstoffen und US-Anleihen - ein Großteil
des Gewinns daraus aber floss in die auch von Thyssen
mitfinanzierte deutsche Rüstungsproduktion, mit der das
Nazi-Reich den kommenden Weltkrieg vorbereitete.
Über die New Yorker Bush-Bank gelangten auch die Gelder des
amerikanischen Rockefeller-Clans nach Deutschland, wo sie hauptsächlich
in den von Thyssen dominierten Vereinigten Stahlwerken angelegt
wurden, dem Herzstück von Hitlers Rüstungsproduktion. Über
Thyssens Banken in Rotterdam und New York flossen auch die
Gewinne, die die Rockefellers mit ihren Investitionen im Dritten
Reich erzielten, in die USA zurück.
Die Geschäfte mit Deutschland führte die New Yorker Bank auch
nach dem Ausbruch des Weltkriegs weiter. Der Geldfluss Richtung
Hitlerdeutschland riss selbst dann nicht ab, als Japan am 7.
Dezember 1941 den Flottenstützpunkt Pearl Harbour angriff und
die USA in den Krieg eintraten. Erst die im Frühjahr 1942
einsetzenden Ermittlungen der US-Behörden stoppten die Geschäfte
der Bush-Bank mit den Nazis.
Die Ermittler förderten ein Netzwerk von Thyssen-Firmen in
Europa, den USA und Kanada zu Tage, die durch Prescott Bush und
andere Direktoren der Union Banking Corporation geführt und mit
Geld versorgt wurden. Erwin May, der damalige Chefaufklärer,
nannte die Bush-Bank einen "goldenen Notgroschen für Nazi-Führer".
Was den Amerikanern damals verborgen blieb, lässt sich heute in
Akten der Schweizerischen Bundesanwaltschaft nachlesen, die noch
bis vor wenigen Jahren gesperrt waren. Im Zuge eines
Spionageverfahrens ermittelten die Schweizer Behörden nach
Kriegsende, dass die Berliner August-Thyssen-Bank den gesamten
Geldverkehr der Abwehr, des militärischen Nazi-Geheimdienstes
unter Admiral Canaris, abwickelte. Vom Bankhaus in der Behrenstraße
flossen demnach die Gelder auch über die Rotterdamer und New
Yorker Thyssen-Banken an die Nazispione in den USA und anderen Ländern.
Neben den Agentengeldern verbuchte die August-Thyssen-Bank auch
Zahlungen, mit denen sich Juden in den besetzten Gebieten ihre
Freiheit erkaufen konnte. So geht aus einem Vermerk der Schweizer
Bundesanwaltschaft vom 4. April 1951 hervor, dass während des
Krieges ein rumänischer Jude namens Moskowitz durch die Nazis
gezwungen wurde, von seinem Konto bei der Schweizerischen
Bankgesellschaft einen Betrag in Höhe von 70 000 Franken auf ein
Schweizer Konto zu überweisen, von wo das Geld zur Thyssen-Bank
gelangte. Ob die geraubten jüdischen Vermögen auch über
Prescott Bushs Bank flossen, lässt sich heute nicht mehr
feststellen.
Dass ehemalige Nazi-Größen zu Kriegsende Vermögenswerte mit
Hilfe der Thyssen-Banken in Europa und Übersee beiseite schaffen
wollten, fanden englische Ermittler 1947 heraus. Damals waren sie
in Holland auf Wertpapiere und Schmuck gestoßen, die zuvor aus
einem Tresor einer Niederlassung der Thyssen-Bank im englischen
Sektor von Berlin verschwunden waren. Die Vermögenswerte sollen
Hitler und anderen hohen NSDAP-Funktionären gehört haben und
von Bankangestellten vor den Alliierten verborgen worden sein.
Vielleicht hätten die US-Behörden nach Kriegsende an Hand der
in Deutschland beschlagnahmten Unterlagen Hitlers Helfer in Übersee
namhaft machen und zur Verantwortung ziehen können. An
Ermittlungen gegen amerikanische Wirtschaftsführer aber hatte
niemand im politischen Establishment Washingtons ein Interesse.
Auch Prescott Bush, der 1972 starb, kam ungeschoren davon. 1951
erhielt er seinen neun Jahre zuvor beschlagnahmten Anteil an der
Union Banking Corporation zurück und erlöste dafür angeblich
750 000 Dollar. Ein Jahr später ließ er sich zum Senator von
Connecticut küren. Seine Geschäfte mit Thyssen und den Nazis
waren zu dieser Zeit kein Thema mehr.
Berliner Zeitung, 15.07.2006
http://www.waronfreedom.org/press/BerlinerZeitung.html
Donnerstag, 13. April 2006
Skeptiker des 11. Septembers erhalten Zulauf
Kritiker in den USA bezweifeln offizielle Version
Andreas Förster